Liebe Leserinnen, liebe Leser,seitdem Geschäfte, Gastronomie sowie Kultureinrichtungen geschlossen haben, verbringen wir deutlich mehr Zeit in den eigenen vier Wänden. Die Corona-bedingten Beschränkungen sind laut Angaben des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung gerade für Familien in Großstädten und beengten Wohnverhältnissen ohne Garten besonders herausfordernd. Doch nicht nur zu wenig, sondern auch zu viel Wohnraum kann eine Belastung sein, wenn – vor allem ältere – Menschen sich isoliert fühlen oder mit der Instandhaltung überfordert sind. Kann also eine bessere Verteilung der Wohnfläche die Wohnqualität der Menschen verbessern und gleichzeitig den Neubaudruck mindern? In einer Online-Umfrage des Wuppertal Instituts gaben fast 40 Prozent von insgesamt 2.500 Menschen an, dass sich ihrer Einschätzung nach die Wohnqualität durch Corona verändert hat – positiv wie negativ. Ob privater oder gemeinschaftlicher Garten, Terrasse oder Balkon: Die gestiegene Wertschätzung eines eigenen Außenbereichs wurde hier besonders deutlich. Die Teilnehmenden gaben zudem häufig an, wie wichtig es sei in einer guten Gemeinschaft oder Nachbarschaft zu leben oder äußerten alternativ den Wunsch nach mehr Gemeinschaft in unmittelbarer Umgebung. Dies sind Ergebnisse, die das Wuppertal Institut im Rahmen eines vom Bundesforschungsministerium-geförderten Projektes "OptiWohn – Flächennutzung optimieren, Neubaudruck mindern" ermittelt haben. Daneben beschäftigten es sich innerhalb des Projekts auch mit der Frage, wie der Wohnbestand in den Städten besser genutzt werden kann. Dazu gehören beispielsweise die Beratung zur baulichen Anpassung von zu groß gewordenen Wohnungen und Häusern oder die Vermittlung alternativer Wohnungen oder Wohnprojekte über Modelle, wie Wohnungstausch oder Gemeinschaftswohnen. Aber nicht nur die eigene Wohnung, auch das Umfeld und die Region, in der man lebt, haben während der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Da momentan Auslandsurlaube ebenso wie Freizeitveranstaltungen kaum möglich sind, finden nahegelegene Erholungsräume, wie städtische Grünflächen, deutlich mehr Anklang. Allerdings haben viele städtische Viertel oft nicht mehr zu bieten als Straßen mit grauen Fassaden und zahlreichen Autos, die auf beiden Seiten der Straßen parken. Im Projekt "LesSON – Lebenswerte Straßen, Orte und Nachbarschaften" plant das Wuppertal Institut daher gemeinsam mit Anwohnerinnen und Anwohnern die Umgestaltung „ihrer“ Quartiersstraßen hin zu klimaresilienten, grünen und dekarbonisierten Begegnungsorten. Die Konzepte sehen dabei von Anfang an eine Neuaufteilung des öffentlichen (Straßen-)Raums vor. Anstelle von parkenden Autos soll das Straßenbild beispielsweise geprägt sein durch: mehr Grün durch Bäume und Hochbeete, eine ansprechende Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur – unter anderem über die Installation von Fahrradabstellanlagen und -garagen – sowie eine Außengastronomie und öffentliche Orte mit Bänken und Spielplätzen, die zum Verweilen einladen. Auf diese Weise soll die Aufenthaltsqualität der Straßen deutlich erhöht und der Straßenraum sozial gerecht und im Einklang mit den Herausforderungen des Klimawandels umgebaut werden. Wer die Aufenthaltsqualität nicht vor der Tür findet, sucht sie vor allem in Parks in der Nähe, die während des Lockdowns im Frühjahr 2020 und auch jetzt im Winter 2020/2021 gut frequentiert waren. Doch warum sind die Innenstädte oft völlig verwaist, obwohl es hier so viel öffentliche Fläche gibt? Bieten sie zu Zeiten, in denen sie ihrer Hauptnutzung – dem Konsum – beraubt sind, keine Aufenthaltsqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner der Städte? Das Wuppertal Institut hat im Diskussionspapier "Näher. öffentlicher, agiler – Eckpfeiler für eine resiliente Post-Corona-Stadt" zusammengetragen, welche Denkanstöße sich aus der Pandemie etwa für die Innenstädte, aber auch für die Bereiche Mobilität, Verwaltungshandeln sowie die Wirtschaft mitnehmen lassen. Das Autorenteam zeigt zudem auf, welche Perspektiven zukunftsfähige und krisenfeste Städte nach der Corona-Pandemie haben.
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